Ariyavasa Sutta

Verweilens-Stätten der Edlen

Ich habe gehört, dass bei einer Gelegenheit sich der Erhabene im Kuru Land aufhielt.  Nun gibt es eine Stadt der Kuru names Kammasadhamma.  Dort richtete er an die Mönche:
„Mönche!"

„Ja, Herr", antworteten die Mönche.

Der Erhabene sprach:
„Mönche, gibt es diese zehn edlen Verweilens-Stätten, in welchen die Edlen (in der Vergangenheit) verweilt haben, (gegenwärtig) verweilen und (zukünftig) verweilen werden.  Welche zehn?

„Es gibt den Fall, in dem ein Mönch fünf Faktoren aufgegeben hat, mit sechs versehen ist, über einen wacht, von vier unterstützt wird, gruppengeistige Wahrheiten abgelegt hat, (1) das Suchen vollständig aufgegeben hat, in seinen Absichten unverstört ist, in seinem Körper Gebilden gestillt ist, im Geist gut befreit ist, in der Erkenntnis gut befreit ist.  
Dies sind die zehn edlen Verweilens-Stätten, in welchen die Edlen verweilt haben, verweilen und verweilen werden. 

„Und wie hat ein Mönch fünf Faktoren aufgegeben?
Es gibt den Fall, in dem die sinnliche Begierde eines Mönches aufgegeben wurden.
Sein Übelwollen wurde aufgegeben.
Seine Faulheit und Trägheit wurden aufgegeben.
Seine Ruhelosigkeit und Besorgnis wurden aufgegeben.
Seine Ungewissheit wurde aufgegeben.
In dieser Weise hat ein Mönch fünf Faktoren aufgegeben.

„Und wie ist ein Mönch mit sechs (Faktoren) versehen?
Es gibt den Fall, in dem ein Mönch, wenn er eine Form mit dem Auge sieht, weder glücklich noch traurig ist, sondern gleichmütig, achtsam und wissensklar bleibt.
Wenn er einen Laut mit dem Ohr hört, ist er weder glücklich noch traurig, sondern bleibt gleichmütig, achtsam und wissensklar.
Wenn er einen Geruch mit der Nase riecht, ist er weder glücklich noch traurig, sondern bleibt gleichmütig, achtsam und wissensklar.
Wenn er einen Geschmack mit der Zunge schmeckt, ist er weder glücklich noch traurig, sondern bleibt gleichmütig, achtsam und wissensklar.
Wenn er eine Tastempfindung mit dem Körper tastet, ist er weder glücklich noch traurig sondern bleibt gleichmütig, achtsam und wissensklar.
Wenn er ein Geistesobjekt mit dem Geist erkennt, ist er weder glücklich noch traurig, sondern bleibt gleichmütig, achtsam und wissensklar.
In dieser Weise ist ein Mönch mit sechs (Faktoren) versehen.

„Und wie wacht ein Mönch über einen (Faktor)?
Es gibt den Fall, in dem ein Mönch mit einem von Achtsamkeit bewachten Bewusstsein versehen ist.
In dieser Weise wacht ein Mönch über einen (Faktor).

„Und wie wird ein Mönch von vier (Faktoren) unterstützt?
Es gibt den Fall, in dem ein Mönch, indem er sorgfältig darüber nachsinnt, einer Sache folgt, eine andere duldet, eine andere vermeidet und eine andere zerstört.
In dieser Weise wird ein Mönch von vier (Faktoren) unterstützt. (2)

„Und wie hat ein Mönch gruppengeistige Wahrheiten abgelegt?
Es gibt den Fall, in dem ein Mönch die herkömmlichen, gruppengeistigen Wahrheiten von herkömmlichen Brahmanen und Asketen abgelegt hat - in anderen Worten:
Die Welt ist ewig.
Die Welt ist nicht ewig.
Die Welt ist endlich.
Die Welt ist nicht endlich.
Die Seele und der Körper sind das gleiche.
Die Seele ist ein Ding und der Körper ein anderes.
Ein Tathagata besteht nach dem Tode.
Ein Tathagata besteht nach dem Tode nicht.
Sowohl besteht ein Tathagata nach dem Tode als auch besteht er nicht.
Weder besteht ein Tathagata nach dem Tode noch besteht er nicht.’
All diese hat er abgeworfen, abgelegt, ihnen abgeschworen, sie erbrochen, losgelassen, aufgegeben, verlassen.
In dieser Weise hat ein Mönch gruppengeistige Wahrheiten abgelegt.

„Und wie hat ein Mönch das Suchen vollständig aufgegeben?
Es gibt den Fall, in dem ein Mönch seine Suche nach Sinnlichkeit aufgegeben hat, seine Suche nach Werden aufgegeben hat, seine Suche nach einem heiligen Leben aufgegeben hat. (3)
In dieser Weise hat ein Mönch das Suchen vollständig aufgegeben.

„Und wie ist ein Mönch in seinen Entschlüssen unverstört?
Es gibt den Fall, in dem ein Mönch seinen Entschluss (Absicht) nach Sinnlichkeit aufgegeben hat, seinen Entschluss nach Übelwollen aufgegeben hat, seinen Entschluss nach Verletzen aufgegeben hat,  
In dieser Weise ist ein Mönch in seinen Absichten unverstört.

„Und wie ist ein Mönch in seinem körperlichen Gebilden gestillt? (4)
Es gibt den Fall, in dem ein Mönch dem Aufgeben von Glücksgefühl und Schmerz, wie schon mit dem früheren Schwinden von Frohsinn und Gram, in das vierte Jhana eintritt und darin verbleibt: Reinheit der Gleichmut und Achtsamkeit, weder-Wohlgefühl-noch-Wehgefühl. 
In dieser Weise ist ein Mönch in seinem körperlichen Gebilden gestillt.

„Und wie ist ein Mönch im Geist gut befreit?
Es gibt den Fall, in dem der Geist eines Mönches von Leidenschaft befreit ist, von Abneigung befreit ist, von Verblendung befreit ist.
In dieser Weise ist ein Mönch im Geist gut befreit.

„Und wie ist ein Mönch in der Erkenntnis gut befreit?
Es gibt den Fall, in dem ein Mönch erkennt:
‚Leidenschaft wurde in mir aufgegeben, ihre Wurzel zerstört, wie einem Baumstumpf der Palmyrapalme gleichgemacht, der Entwicklungsbedingungen beraubt, ist nicht mehr für künftiges Entstehen bestimmt.’
Er erkennt:
‚Abneigung wurde in mir aufgegeben, ihre Wurzel zerstört, wie einem Baumstumpf der Palmyrapalme gleichgemacht, der Entwicklungsbedingungen beraubt, ist nicht mehr für künftiges Entstehen bestimmt.’
Er erkennt:
‚Verblendung wurde in mir aufgegeben, ihre Wurzel zerstört, wie einem Baumstumpf der Palmyrapalme gleichgemacht, der Entwicklungsbedingungen beraubt, ist nicht mehr für künftiges Entstehen bestimmt.’
In dieser Weise ist ein Mönch in der Erkenntnis gut befreit.

„Mönche, alle in der Vergangenheit, die in edlen Verweilens-Stätten verweilt haben, haben in diesen selbigen zehn edlen Verweilens-Stätten verweilt.
Alle in der Zukunft, die in edlen Verweilens-Stätten verweilen werden, werden in diesen selbigen zehn edlen Verweilens-Stätten verweilen.
Alle in der Gegenwart, die in edlen Verweilens-Stätten verweilen, verweilen in diesen selbigen zehn edlen Verweilens-Stätten.

„Dies sind die zehn edlen Verweilens-Stätten, in welchen die Edlen verweilt haben, verweilen und verweilen werden."


Anmerkungen
  1. Pacceka-sacca.
  2. Für eine Erörterung der Dinge, die zu dulden, zu vermeiden und zu zerstören sind, siehe MN 2.
  3. Über die drei Suchen, siehe Iti 54 und Iti 55.
  4. Körper-Gebilde (kaya-sankhara) ist ein Begriff für den Ein- und Ausatem.  Siehe MN 118, note3.

translated from the Pali by Thanissaro Bhikkhu
Übersetzung aus dem Englischen nach Thanissaro Bhikkhu