Avyakata Sutta

Unerklärt

Dann begab sich ein gewisser Mönch zum Erhabenen.  Beim Eintreffen verbeugte er sich vor ihm und setzte sich zur Seite.  Als er dort saß, sprach er zum Erhabenen:
„Herr, was ist der Grund, was ist die Bedingung, warum in einem unterwiesenen Schüler der Edlen Ungewissheit über die unerklärten Fragen nicht auftreten?"

„Aufgrund der Beendigung der Ansichten Mönch, tritt in einem unterwiesenen Schüler der Edlen keine Ungewissheit über die unerklärten Fragen auf.

„Den Ansichts-Standpunkt betreffend:
Der Tathagata besteht nach dem Tod’,  
den Ansichts-Standpunkt betreffend:
Der Tathagata besteht nach dem Tod nicht’,    
den Ansichts-Standpunkt betreffend:
Sowohl besteht der Tathagata nach dem Tod als auch besteht er nicht’,  
den Ansichts-Standpunkt betreffend:
‚Weder besteht der Tathagata nach dem Tod noch besteht er nicht’,  
kann der ununterwiesene herkömmliche Mensch Ansicht nicht erkennen,  kann die Entstehung der Ansicht nicht erkennen, kann die Beendigung der Ansicht nicht erkennen, kann den zur Beendigung der Ansicht führenden Übungspfad nicht erkennen und somit
nimmt jene Ansicht in ihm zu.
Er ist von Geburt, Alterung, der Tod; von Kummer, Klagen, Schmerz, Gram und Verzweiflung nicht befreit.  Ich sage dir, er ist von Leid und Stress nicht befreit.  

„Der unterwiesene Schüler der Edlen jedoch erkennt Ansicht, erkennt die Entstehung der Ansicht, erkennt die Beendigung der Ansicht, erkennt den zur Beendigung der Ansicht führenden Übungspfad und somit schwindet jene Ansicht in ihm.
Er ist von Geburt, Alterung, der Tod; von Kummer, Klagen, Schmerz, Gram und Verzweiflung befreit.  Ich sage dir, er ist von Leid und Stress befreit.  

„So kennend, so schauend, erklärt der unterwiesene Schüler der Edlen nicht:
Der Tathagata besteht nach dem Tod’,  
erklärt er nicht: 
Der Tathagata besteht nach dem Tod nicht’,    
erklärt er nicht: 
Sowohl besteht der Tathagata nach dem Tod als auch besteht er nicht’,  
erklärt er nicht: 
‚Weder besteht der Tathagata nach dem Tod noch besteht er nicht’,  
So kennend, so schauend, liegt es somit nicht mehr in seiner Natur, die unerklärten Fragen zu erklären.
So kennend, so schauend, er ist nicht gelähmt, erbebt, zittert oder schwankt er nicht hinsichtlich der unerklärten Fragen.

„,Der Tathagata besteht nach dem Tod’, - dieser Begierde-Standpunkt, dieser Wahrnehmungs-Standpunkt, dieses Produkt des Ausdenkens, dieses Produkt der fixen Ideen, dieser Anhaftens-Standpunkt - ist Bangnis. (1)
‚Der Tathagata besteht nach dem Tod nicht’, ist Bangnis.
‚Sowohl besteht der Tathagata nach dem Tod als auch besteht er nicht’, ist Bangnis.
‚Weder besteht der Tathagata nach dem Tod noch besteht er nicht’, ist Bangnis. (2)

„Der ununterwiesene herkömmliche Mensch kann die Bangnis nicht erkennen, kann die Entstehung der Bangnis nicht erkennen, kann die Beendigung der Bangnis nicht erkennen, kann den zur Beendigung der Bangnis führenden Übungspfad nicht erkennen und somit nimmt jene Bangnis in ihm zu.
Er ist von Geburt, Alterung, der Tod; von Kummer, Klagen, Schmerz, Gram und Verzweiflung nicht befreit.  Ich sage dir, er ist von Leid und Stress nicht befreit.  

„Aber der unterwiesene Schüler der Edlen erkennt die Bangnis, erkennt die Entstehung der Bangnis, erkennt die Beendigung der Bangnis, erkennt den zur Beendigung der Bangnis führenden Übungspfad somit schwindet jene Bangnis in ihm.
Er ist von Geburt, Alterung, der Tod; von Kummer, Klagen, Schmerz, Gram und Verzweiflung befreit.  Ich sage dir, er ist von Leid und Stress befreit.  

„So kennend, so schauend, erklärt der unterwiesene Schüler der Edlen nicht:
Der Tathagata besteht nach dem Tod.’
Er erklärt nicht: 
Der Tathagata besteht nach dem Tod nicht.’
Er erklärt nicht: 
Sowohl besteht der Tathagata nach dem Tod als auch besteht er nicht.’
Er erklärt nicht: 
‚Weder besteht der Tathagata nach dem Tod noch besteht er nicht.’
So kennend, so schauend, liegt es somit nicht mehr in seiner Natur, die unerklärten Fragen zu erklären.
So kennend, so schauend, er ist nicht gelähmt, erbebt, zittert oder schwankt er nicht hinsichtlich der unerklärten Fragen.“


Anmerkungen

(1)  Vippatisara ist hier als ‚Bangnis’ übersetzt.  In der Regel wird es als ‚Reue’ oder ‚Bedauern’ ins Deutsche übertragen.  Hier bezieht sich jedoch das Gefühl von vippatisara auf Sorgen um die Zukunft, anstatt um die Vergangenheit, und deshalb sind weder Reue noch Bedauern geeignet in diesem Kontext.  Die Bangnis spielt in diesem Absatz entweder auf die Befürchtung an, dass das Erwachen das Ende des Daseins als Folge haben würde oder die entgegen gesetzte Befürchtung, dass sie es nicht würde.

(2)  In einigen Manuskripten läuft dieser Absatz wie folgt ab:
Der Tathagata besteht nach dem Tod - dieser Begierde-Standpunkt, dieser Wahrnehmungs-Standpunkt, dieses Produkt des Ausdenkens, dieses Produkt der fixen Ideen, dieser Anhaftens-Standpunkt -
ist Bangnis.  

Der Tathagata besteht nach dem Tod nicht - dieser Begierde-Standpunkt, dieser Wahrnehmungs-Standpunkt, dieses Produkt des Ausdenkens, dieses Produkt der fixen Ideen, dieser Anhaftens-Standpunkt -
ist Bangnis. 

Sowohl besteht der Tathagata nach dem Tod als auch besteht er nicht - dieser Begierde-Standpunkt, dieser Wahrnehmungs-Standpunkt, dieses Produkt des Ausdenkens, dieses Produkt der fixen Ideen, dieser Anhaftens-Standpunkt -
ist Bangnis. 

„Weder besteht der Tathagata nach dem Tod noch besteht er nicht - dieser Begierde-Standpunkt, dieser Wahrnehmungs-Standpunkt, dieses Produkt des Ausdenkens, dieses Produkt der fixen Ideen, dieser Anhaftens-Standpunkt -
ist Bangnis. 

translated from the Pali by Thanissaro Bhikkhu
Übersetzung aus dem Englischen nach Thanissaro Bhikkhu