Vajjiya Sutta

Über Vajjiya

Ich habe gehört, dass sich der Erhabene bei einer Gelegenheit in der Nähe von Campa, am Ufer des Gaggara Sees, aufhielt.  Dann verließ Vajjiya Mahita, der Haushälter, Campa in der Mitte des Tages, um den Erhabenen zu sehen, aber dann sagte er sich:
„Jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt, um den Erhabenen zu sehen, da er in Klausur ist.  Und es ist nicht der richtige Zeitpunkt, um die Mönche, die den Geist entfalten, zu sehen, da sie in Klausur sind.  Wie wäre es, wenn ich den Park der Wanderer anderer Glaubensgemeinschaften aufsuchen würde?"  Somit ging er in den Park der Wanderer anderer Glaubensgemeinschaften.

Nun bei dieser Gelegenheit waren Wanderer anderer Glaubensgemeinschaften zu einer Versammlung zusammengekommen.  Sie saßen da, besprachen vielerlei viehische Themen (1) und machten dabei einen großen Lärm und Rabatz.  Sie erblickten Vajjiya Mahita, den Haushälter, aus der Ferne kommen und als sie ihn sahen, brachten sie sich einander zum schweigen:
„Seid ruhig, gute Herren.  Macht keinen Lärm.  Hier kommt Vajjiya Mahita, der Haushälter, ein Schüler des Asketen Gotama.  Er ist einer der in Weiß gekleideten Schüler des Asketen Gotama und lebt in Campa.  Diese Leute mögen Stille und sprechen lobend über die Stille.  Wenn er unsere Gruppe als still wahrnimmt, wird er es vielleicht der Mühe wert finden, unseres Weges zu kommen."  Somit schwiegen die Wanderer.

Dann begab sich Vajjiya Mahita, der Haushälter, dorthin, wo die Wanderer anderer Glaubensgemeinschaften sich aufhielten.  Beim Eintreffen begrüßte er sie höflich.  Nach einem Austausch von freundlichen Grüßen und Höflichkeiten, setzte er sich zur Seite.  Als er da saß, sprachen die Wanderer zu ihm:
„Ist es wahr, Haushälter, dass der Asket Gotama jegliche Askese bemängelt, dass er grundsätzlich alle Asketen mit rauem Lebenswandel anprangert und herabsetzt?"

„Nein, ehrwürdige Herren, der Erhabene bemängelt weder jegliche Askese, noch prangert er grundsätzlich alle Asketen mit rauem Lebenswandel an und setzt sie herab.  Der Erhabene bemängelt das Bemängelswerte und lobt das Lobenswerte.  Indem das das Bemängelswerte bemängelt und das Lobenswerte lobt, macht der Erhabene eine Unterscheidung und spricht nicht auf grundsätzliche Art und Weise über diese Sache."

Nach diesen Worten sagte einer der Wanderer zu Vajjiya Mahita, dem Haushälter,
„Nun warte mal, Haushälter.  Dieser Asket Gotama, den du lobst, ist ein Nihilist, einer der gar nichts verkündet."

„Ich sage euch, ehrwürdige  Herren, dass das Erhabene rechtens verkündet:
‚Dies ist geschickt.’  Er verkündet:
‚Dies ist ungeschickt.’  Da er verkündet:
Dies ist geschickt’, und
Dies ist ungeschickt’, er ist einer, der (eine Lehre) verkündet hat.  Er ist kein Nihilist, der gar nichts verkündet."

Nach diesen Worten schwiegen die Wanderer, waren verlegen, ließen ihre Schultern hängen, blickten nach unten, grübelten und es fehlten ihnen die Worte.  Als Vajjiya Mahita, der Haushälter, wahrnahm, dass die Wanderer schwiegen, verlegen waren, ihre Schultern hängen ließen, nach unten blickten, grübelten und ihnen die Worte fehlten, stand er auf und begab sich zum Erhabenen.  Beim Eintreffen verbeugt er ich vor ihm und setzte er sich zur Seite.  Als er da saß, erzählte er dem Erhabenen die Gesamtheit seines Gespräches mit den Wanderern.

(Der Erhabene sprach:)  
„Gut gemacht, Haushälter.  Gut gemacht.  Genau so solltest du regelmäßig und auf rechte Weise diese törichten Männer widerlegen.  
Ich sage nicht, dass jegliche Askese gepflegt werden soll, noch sage ich, dass jegliche Askese nicht gepflegt werden soll.  
Ich sage nicht, dass jegliche Observanz eingehalten werden soll, noch sage ich, dass jegliche Observanz nicht eingehalten werden soll.
Ich sage nicht, dass jegliche Anstrengung gepflegt werden soll, noch sage ich, dass jegliche Anstrengung nicht gepflegt werden soll.  
Ich sage nicht, dass jegliche Entsagung entsagt werden soll, noch sage ich, dass jegliche Entsagung nicht entsagt werden soll.
Ich sage nicht, dass jegliche Befreiung als Befreiung benutzt werden soll, noch sage ich, dass jegliche Befreiung nicht als Befreiung benutzt werden soll.  

„Falls, wenn eine Askese gepflegt wird, ungeschickte Eigenschaften zunehmen und geschickte Eigenschaften nachlassen, dann sage ich dir, dass diese Art der Askese nicht gepflegt werden soll.
Aber falls, wenn eine Askese gepflegt wird, ungeschickten Eigenschaften nachlassen und geschickte Eigenschaften zunehmen, dann sage ich dir, dass diese Art der Askese gepflegt werden soll.

„Falls, wenn eine Observanz eingehalten wird, ungeschickte Eigenschaften zunehmen und geschickte Eigenschaften nachlassen, dann sage ich dir, dass diese Art von Observanz nicht eingehalten werden soll.
Aber falls, wenn eine Observanz eingehalten wird, ungeschickte Eigenschaften nachlassen und geschickte Eigenschaften zunehmen, dann sage ich dir, dass diese Art von Observanz eingehalten werden soll.

„Falls, wenn eine Anstrengung gepflegt wird, ungeschickte Eigenschaften zunehmen und geschickte Eigenschaften nachlassen, dann sage ich dir, dass diese Art der Askese nicht betrieben werden soll.
Aber falls, wenn eine Anstrengung gepflegt wird, ungeschickten Eigenschaften nachlassen und geschickte Eigenschaften zunehmen, dann sage ich dir, dass diese Art der Anstrengung betrieben werden soll.

„Falls, wenn eine Entsagung entsagt wird, ungeschickte Eigenschaften zunehmen und geschickte Eigenschaften nachlassen, dann sage ich dir, dass dieser Art der Entsagung nicht entsagt werden soll.
Aber falls, wenn eine Entsagung entsagt wird, ungeschickte Eigenschaften nachlassen und geschickte Eigenschaften zunehmen, dann sage ich dir, dass dieser Art der Entsagung entsagt werden soll.

„Falls, wenn eine Befreiung als Befreien benutzt wird, ungeschickte Eigenschaften zunehmen und geschickte Eigenschaften nachlassen, dann sage ich dir, dass diese Art der Befreiung nicht als Befreien benutzt werden soll.
Aber falls, wenn eine Befreiung als Befreiung benutzt wird, ungeschickte Eigenschaften nachlassen und geschickte Eigenschaften zunehmen, dann sage ich dir, dass diese Art der Befreiung benutzt als Befreiung werden soll.“

Als Vajjiya Mahita, der Haushälter, vom Erhabenen mit einem Gespräch über Dhamma unterwiesen, beflügelt, ermuntert und ermutigt worden war, erhob er sich von seinem Sitz, verbeugte sich vor dem Erhabenen und entfernt sich, den Erhabenen auf der rechten haltend.  Kurz danach richtete der Erhabene sich an die Mönche:
„Mönche, selbst ein Mönch, der seit langem das Dhamma in dieser Lehre und Ordens-Schulung durchdrungen hat, täte gut daran, regelmäßig und auf rechte Weise die Wanderer anderer Glaubensgemeinschaften in genau dieser Weise, wie es Vajjiya Mahita, der Haushälter, getan hat, zu widerlegen."


Anmerkungen

(1)  Siehe AN 10.69.


translated from the Pali by Thanissaro Bhikkhu
Übersetzung aus dem Englischen nach Thanissaro Bhikkhu